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Gerichtswesen

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Galgenberg und Henkerbeil

Vom Gerichtswesen im alten Wipperfürth – der „abgestandene Bürgermeister“ als Richter

Zu den städtischen Privilegien, die Wipperfürth im 13. Jahrhundert verliehen wurden, gehörte die Gerichtsbarkeit. Es gab aber keine Gewaltenteilung; zunächst amtierte einer der 13 Ratsherren, vom Landesherrn bestellt, dauerhaft als Richter, die anderen fungierten als Gerichtsschöffen. Die „Jülich-Bergische Rechtsordnung“ von 1555 reduzierte die Zahl der Schöffen und bestimmte den jeweiligen Bürgermeister, der immer für ein Jahr gewählt wurde, für das Folgejahr zum Richter. Die Ehrentitel „consul et iudex“ (Bürgermeister und Richter) standen ihm auch nach seiner Amtszeit zu.

Als 1615 der amtierende Richter Luther von Langenberg stirbt, wird er als „Gewalt und Hals Richter zu Wipperfürth“ bezeichnet. Dies ist durchaus wörtlich zu verstehen; der Stadtrichter konnte – freilich nach eingeholter landesherrlicher Entscheidung – auch Todesurteile fällen.

Ein 1590 datiertes Henkerbeil aus Wipperfürth, das im „Bergischen Landesmuseum“ auf Schloss Burg aufbewahrt wurde, fiel mit den übrigen Museumsbeständen 1920 einem Großbrand zum Opfer. Ob es oft zum Einsatz gekommen war oder mehr als Symbol für die städtische Gerichtshoheit anzusehen ist, wissen wir nicht.

Eine Anhöhe zwischen Münte und der heutigen Gladbacher Straße war der „Galgenberg“. Hier wurde am 25. September 1716 das letzte Todesurteil „zum abschröcklichen Exempel“ vollstreckt, nachdem es das Hohe Gericht auf dem Marktplatz verkündet hatte. Der arme Sünder hatte auf der Stillinghauser Weide fünf Kühe gestohlen.

Dass es zuvor viele Jahre keine Hinrichtung mehr gegeben hatte, zeigt die Auseinandersetzung über den Verlauf des „Galgenweges“. Nachdem ein Bürger, durch dessen Garten man ziehen wollte, Einspruch erhoben hatte, wurden die ältesten Leute befragt. Die 75-jährige Margarete von der Münten beruft sich in ihrer protokollierten Aussage auf ihre Großmutter, „welche 104 Jahre alt geworden sei“.

Erst nach mehr als zwei Jahren wurde der arme Sünder, „so abgefallen war“, vom Abdecker begraben.

Unter Napoleon wurde das Gerichtswesen im Herzogtum Berg reformiert; seit 1812 besaß der neu gebildete Kanton Wipperfürth mit den Kirchspielen Wipperfürth, Wipperfeld, Olpe, Kürten und Bechen ein Friedensgericht, in dem nicht mehr der „abgestandene Bürgermeister“, sondern der Friedensrichter nach dem Code civil seine Urteile fällte. Die Preußen setzten 1820 an die Stelle der Kreisgerichtsordnung die Landgerichtsordnung; der Amtsgerichtsbezirk Wipperfürth wurde dem Langerichtsbezirk Köln unterstellt.

Quelle: Heimat- und Geschichtsverein Wipperfürth, Erich Kahl


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