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Leopartzturm

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Stadtmauer

Wipperfürth – eine Stadt im Mauerring

Erster Beleg für die Wipperfürther Stadtmauer ist das um 1260 entstandene Stadtsiegel.

Schon im Jahr 1183 wird Wipperfürth im Siegburger Mirakelbuch als „oppidum“, d. h. Stadt, bezeichnet, die Stadtrechte erhielt der Ort aber erst nach und nach in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts. Zu diesen gehörte auch das der Befestigung, wobei dieses Recht zugleich eine Pflicht war; die Anlage und Pflege der Befestigungsanlagen bedeutete für die Bürger Arbeit und Kosten. Der praktische Nutzen bestand weniger in einem wirksamen Schutz gegen militärische Angriffe, sondern eher gegen nächtliche Eindringlinge; wenn abends die Tore geschlossen wurden, fanden nur noch Leute Einlass, die dem Torwächter bekannt waren. In Zeiten, wo es noch keine Straßenbeleuchtung gab, war das eine verständliche Maßnahme.

Die von der Mauer umschlossene Altstadt war nicht größer als knapp 400 mal 400 Meter. Das Kölner Tor befand sich an der später so genannten Ellersecke, das Siegburger Tor am oberen Ende der Klosterstraße, die früher Rabenstraße hieß; das Attendorner Tor war im Bereich der heutigen Gasse Stursbergsecke und das Mahltor im Zuge der Dr.-Eugen-Kersting-Straße zwischen Unterer Straße und Mühlenweg. Die Toranlagen bestanden jeweils aus einem Vor- und einem Haupttor, wobei der Torturm zumindest beim Siegburger Tor und beim Attendorner Tor nicht über, sondern neben dem Torbogen zu finden war. Auch das später vereinfachte Mahltor war früher so angelegt; 1450 erfahren wir, dass die Mühle zwischen „den zwein moelenportzen“ lag. Beim hohen Kellergeschoss des Hauses Klosterstraße 19 (Haus „Zum Schlüssel“) handelt es sich wahrscheinlich um den Stumpf des Siegburger Torturms. Im Haus Gaulstraße 1 versteckt sich ein Rest des Leopartzturms; die dortige Taxizentrale hat noch ein mittelalterliches Gewölbe, und in die ehemalige östliche Außenwand ist eine steinerne Wappentafel eingelassen.

Als Annäherungshindernisse gab es im Norden die Wupper und den Mühlengraben, im Osten den Gaulbach und im Südosten die „Krakau“ (Krähenschlucht). Im Süden und Westen musste ein tiefer Graben ausgehoben werden („Schützengraben“). Der südliche ist weitgehend verfüllt und dient als Parkplatz, der westliche ist noch mehrere Meter tief und bildet eine grüne Oase, die nur wenige Wipperfürther kennen.

Nach dem Stadtbrand von 1795 gab die Regierung die schon schadhaften Mauern und Türme als Steinbruch frei. Mauerstücke blieben nur dort erhalten, wo sie eine Böschung stützten. An Ort und Stelle erhalten hat sich ein solches Stück auf dem Klosterberg oberhalb der so genannten „Baumschule“; einige Heimatfreunde um den Fabrikanten Schulte haben es vor ca. 80 Jahren freigelegt.

Leopartzturm

Der „Leopartzturm“, auch „Lepartzturm“ genannt, war ein Eckturm der Wipperfürther Stadtbefestigung; die östlich des Marktplatzes verlaufende Stadtmauer knickte hier nach Südwesten ab. Bei diesem Turm gab es einen Durchlass in der Mauer, durch den man ins Gaulbachtal gelangte; er wurde „Mahrpforte“ genannt.

Der Name des Turms steht im Zusammenhang mit dem der Familie de Leopart oder auch Lebart, deren Haus wohl in unmittelbarer Nähe stand. Hier brach 1333 ein Brand aus, der die ganze Stadt bis auf vier Häuser zerstörte; diese Katastrophe, die als „Lypartzbrand“in die Annalen einging, war vermutlich die Ursache dafür, dass Tilman de Leopart im selben Jahr eine Stiftung für den Petrusaltar in der gleichnamigen Kirche tätigte (siehe „Hansecafe“), aus deren Erträgen ein Vikar bezahlt wurde.

Höchstwahrscheinlich stellt zumindest der Keller des Hauses Gaulstraße 1, in dem sich heute eine Taxizentrale befindet, einen Rest des Leopartzturmes dar. Das erhaltene vierteilige Kreuzgewölbe mit Mittelpfeiler ist einmalig in der Wipperfürther Altstadt, deren historische Keller in der Regel tonnengewölbt sind. Dafür, dass der Turm zum Haus umgebaut wurde, spricht auch ein um 1875 entstandenes Foto; man erkennt, dass das damals bestehende Gebäude zwei Teile hatte: über dem Keller erhob sich ein gemauertes Geschoss und nach Süden war ein Fachwerkbau angefügt. Beide Hausteile besaßen ein in Fachwerk ausgeführtes Obergeschoss mit einem strohgedeckten Krüppelwalmdach. Fotos aus der Zeit um 1910 zeigen, dass das Obergeschoss inzwischen entfernt und ein neues Dach aufgesetzt wurde; das gemauerte Geschoss über dem Keller hat jetzt an der Ostseite zwei Fenster.

Durch den Umbau des Hauses nach einem Brand in den 1950er Jahren und die Verbreiterung der Gaulstraße ist der ehemals in etwa quadratische Keller an der Westseite beschnitten. Ob von hier aus wirklich ein Gang bis zur Klosterkirche führte, wie einige Heimatforscher behauptet haben, lässt sich nicht mehr nachprüfen. Gesichert ist aber wohl die Information, dass vom Boden eines Schachts aus eine Verbindung zum ehemals von Nagelschen Haus führte (siehe „Penne“). Die Tatsache, dass das Gebäude im Wiederaufbauplan der Stadt vom Januar 1796 gar nicht verzeichnet ist, deutet ebenfalls darauf hin, dass es damals als Nebengebäude der heutigen „Penne“ fungierte.

In diesem Zusammenhang ist ein Wappenstein von Interesse, der sich an der Außenseite der Ostwand des Kellers befindet, wegen eines Anbaus aber heute von außen nicht sichtbar ist. Es handelt sich um ein Allianzwappen (Doppelwappen eines Ehepaars), dessen Wappenschilde jedoch so stark verwittert oder abgearbeitet sind, dass man kein Wappen mehr identifizieren kann. Die Krone über den Schilden zeigt aber, dass es sich um das Wappen einer Adelsfamilie handeln muss. Seit etwa 1750 bewohnten Johann Wilhelm von Nagel und seine Frau Maria Adelheid Eleonore von Mülheim das 1699 erbaute Haus am Markt. Es ist aber durchaus möglich, dass schon der Bauherr der Familie von Nagel angehörte; dann müsste sich das Allianzwappen auf Stephan Heinrich Conrad von Nagel und Anna Maria Stael von Holstein beziehen, die in der Wasserburg Nagelsgaul residierten.

Gaulstr. 1 von Südosten um 1875
Gaulstr. 1 von Osten um 1910
Gaulstr. 1 1950er Jahre
Allianzwappen

Quelle: Heimat- und Geschichtsverein Wipperfürth, Erich Kahl


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